2022 gedenken wir Ulrich Steinhauer

Im Jahr 33 nach dem Mauerfall gedenken wir Ulrich Steinhauer.

Uns ist durchaus bewusst, dass diese Entscheidung differenziert beurteilt wird.

Da Ulrich Steinhauer zum Zeitpunkt seines Todes den Grundwehrdienst in den Grenztruppen der DDR leistete, war die angemessene Form des Gedenkens an ihn – wie auch an die anderen im Dienst getöteten Grenzsoldaten – Gegenstand von Kontroversen, unzweifelhaft ist aber, dass Ulrich Steinhauer ein Opfer des Kalten Krieges ist.

Ulrich Steinhauer entstammte einer kinderreichen Arbeiterfamilie aus Behrenshagen im Kreis Ribnitz-Damgarten. Nach dem Besuch der Grundschule in Behrenshagen und der Oberschule in Damgarten erlernte er den Beruf eines Zimmerers. Nach Abschluss der Lehre 1973 arbeitete Ulrich Steinhauer als Facharbeiter in der Zwischenbetrieblichen Einrichtung (ZBE) Landbau in Damgarten. Zum achtzehnmonatigen Wehrdienst wurde er im November 1979 in das Grenzausbildungsregiment 40 in Oranienburg einberufen. Ab Mai 1980 wurde er im Grenzregiment 34 in Groß Glienicke eingesetzt. Aus Briefen an seine Familienangehörigen und Dokumenten des Ministeriums für Staatssicherheit ist bekannt, dass Ulrich Steinhauer das Ende des Wehrdienstes herbeisehnte und Vorgesetzten bei den Grenztruppen erklärte, dass er nur im äußersten Notfall bereit wäre, von der Schusswaffe Gebrauch zu machen.

Der 4. November 1980 war ein kalter Herbsttag. Ulrich Steinhauer war für die Zeit von 13.00 Uhr bis 21.00 Uhr im Abschnitt Staaken-Schönewalde, gegenüber dem West-Berliner Ortsteil Eiskeller im Bezirk Spandau, als Postenführer eingeteilt. An diesem Tag sollte er den Grenzdienst mit Egon B. versehen, der gerade erst der Einheit in Groß-Glienicke zugeteilt worden war. Ulrich Steinhauer ahnte nicht, dass sein Kamerad in den Westen flüchten wollte und sich gerade diesen Grenzabschnitt für sein Vorhaben ausgesucht hatte

 Egon B. sagte später aus, dass Ulrich Steinhauer einige Meter vor ihm gelaufen sei, als B, von seinem Postenführer unbemerkt, einen Stecker zog und damit das akustische Grenzmeldenetz deaktivierte. Dann entsicherte er seine Waffe und lud sie durch. Von dem Geräusch aufgeschreckt soll sich Ulrich Steinhauer zu ihm umgedreht haben. „Mach’ keinen Quatsch“, soll er zu seinem Postenführer gesagt und währenddessen seine Waffe von der Schulter genommen haben. Doch statt seine Waffe wegzuwerfen, so Egon B., habe Ulrich Steinhauer sie auf ihn gerichtet. Egon B. gab daraufhin fünf Schüsse ab, die er später als Warnschüsse rechtfertigte. Doch nicht etwa von einem Schuss von vorne, sondern von einer Kugel durch seinen Rücken ins Herz getroffen, brach Ulrich Steinhauer schwer verletzt zusammen.

Er verstarb noch vor dem Eintreffen eines Arztes.

Der Tod Ulrich Steinhauers wurde in der DDR trotz seiner reservierten Haltung gegenüber dem Grenzdienst und gegen den Willen der Angehörigen für ideologische Zwecke instrumentalisiert.

Quellen:

Wikipedia – https://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_Steinhauer

Stiftung Berliner Mauer – https://www.chronik-der-mauer.de


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